Jahreshauptversammlung des Landestierschutzverbandes in Reutlingen am 22. April 2017

Wechsel an der Verbandsspitze: Stefan Hitzler aus Heidenheim wird neuer Vorsitzender des Landestierschutzverbands Baden-Württemberg e.V..

Finanzielle Unterstützung an Vereine für Katzenkastrationen wird gemeinsam mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) fortgesetzt.

Hochrangige Gäste: Minister Peter Hauk MdL und der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes Thomas Schröder.

Am vergangenen Samstag fand in Reutlingen die diesjährige Mitgliederversammlung des Landestierschutzverbandes statt. Der Verbandsvorsitzende Herbert Lawo eröffnete die Veranstaltung vor ca. 90 anwesenden Mitgliedern mit einem ausführlichen Geschäftsbericht, der von der Jugendbeauftragten Erika Schwarz durch eine umfangreiche Darstellung der Jugendarbeit des Verbands ergänzt wurde.

Unter anderem ging der Vorsitzende Herbert Lawo insbesondere auch auf die tierschutzpolitischen Ereignisse des vergangenen Jahres ein. Die Umsetzung des schon im Mai 2015 per Gesetz verabschiedeten Tierschutzmitwirkungs- und Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzverbände konnte erst mit erheblicher Verzögerung im Februar 2017 starten. Erst da waren die erforderlichen Grundlagen von seitens der Landesregierung alle gegeben.

Mit dem neuen Gesetz (TierSchMVG) wurde die Voraussetzung geschaffen, dass Tierschützer als Vertreter der Tierinteressen den Tiernutzern zumindest in einigen Punkten in rechtlichen Belangen entgegentreten und sicherstellen können, dass tierschutzrechtliche Vorgaben eingehalten werden. Als einer der drei in BW nach dem TierSchMVG anerkannten Verbände stellt sich der Landestierschutzverband jetzt seit Febraur dieser Aufgabe. Erklärter Schwerpunkt liegt dabei ganz klar auf der neuen Möglichkeit, im Vorfeld an tierschutzrelevanten Verfahren mitzuwirken und so eine Klage erst gar nicht erforderlich zu machen.

Auch die Landtagswahlen im vergangenen Jahr wurden vom Landesverband genutzt, im Vorfeld die Positionen der großen Parteien zu Tierschutzthemen abzufragen und die Auswertung als „Hilfe bei der Wahlentscheidung“ publik zu machen.

Für die inzwischen 111 Mitgliedsvereine eine besonders erfreuliche Nachricht: Auch in diesem Jahr wird der Landesverband wieder 30 000 Euro für die Kastration von freilebenden Katzen zur Verfügung stellen, eine Fördermaßnahme, die vom MLR noch einmal in gleicher Höhe bezuschusst wird.

Schon 2016 konnten so – u.a. auch durch weitere finanzielle Unterstützung durch den Deutschen Tierschutzbund – über 90 000 Euro für die Kastration frei lebender Katzen im Land ausgeschüttet werden.

Weitere Schwerpunkte der Verbandstätigkeiten lagen im vergangenen Jahr neben Weiterbildungsangeboten für die haupt- und ehrenamtlichen Tierschützer vor allem auch bei der Tierheimberatung zu deren Ausbau und Sanierung sowie der Hilfe bei Verhandlungen mit den Kommunen.

Da der bisherige Vorsitzende Herbert Lawo nicht mehr erneut kandidierte, brachten die Wahlen eine neue Verbandsspitze. Zum neuen Verbandsvorsitzenden wurde fast einstimmig der bisherige Stellvertreter Stefan Hitzler aus Heidenheim gewählt. Neuer 2. Vorsitzender wurde Claudio Di Simio aus Schramberg. Stefan Graf als alter und neuer Schatzmeister aus Singen und Iris Wiedemann aus Emmendingen als neue Schriftführerin vervollständigen künftig den Engen Vorstand des Landesverbandes.

Unterstützt wird das neue Spitzenteam durch weitere 12 Mitglieder im ebenfalls neu gewählten Erweiterten Vorstand. Herbert Lawo wurde von der Mitgliederversammlung unter großem Applaus zum Ehrenvorsitzenden ernannt. In seiner 9 -jährigen Amstzeit als Vorsitzender sowie schon zuvor als Vize und Mitglied des Erweiterten Vorstands hat Lawo maßgeblich dazu beigetragen, den Landestierschutzverband weiter aufzubauen, zu Anerkennung zu verhelfen und von innen heraus zu stärken. Dies würdigte ausdrücklich auch der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, indem er Lawo als besondere Auszeichnung die goldene Ehrennadel des Deutschen Tierschutzbundes verlieh.

Mit Minister Peter Hauk kam ein weiterer hochkarätiger Gast zum Nachmittagsprogramm . Zunächst berichtete der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Peter Hauk zum tierschutzpolitischen Verständnis der grün-schwarzen Landesregierung und den tierschutzpolitischen Entwicklungen bzw. weiteren Vorhaben auf Landesebene. Ein besonderes Anliegen war ihm schon während seiner ersten Amtszeit als Minister die Förderung des Ausbaus und der Sanierung von Tierheimen. Auf seine Initiative hin wurden erstmals Landesmittel für solche Bauvorhaben zur Verfügung gestellt. Dieses Förderprogramm habe sich s. E. bewährt, und er werde sich nicht nur dafür einsetzen, dass es verstetigt wird sondern ggf. – bspw. bei größeren Bauprojekten – auch noch aufgestockt, so Minister Hauk.

Im Bereich Heimtierhaltung lehnte der Minister allerdings Forderungen nach einem Heimtiergesetz oder einen Sachkundenachweis vor dem Kauf von Heimtieren als zu weit gehend ab. Gesprächsbereitschaft hingegen signalisierte er bei der Privathaltung von Exoten. Gerade bei gefährlichen Arten sehe er hier durchaus einen gewissen Handlungsbedarf.

Auch wenn er Kastrationsaktionen von frei lebenden Katzen durch Tierschützer als wünschens- und unterstützenswert ansieht, vertrat er die vor allen von Jägern oft angeführte Behauptung, streunende Katzen seien mitverantwortlich für die Gefährdung so genannter seltener Niederwildarten, wie dem Feldhasen.

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes vertrat hingegen deutlich andere Standpunkte. Er sah im Verbandsklagerecht eine schon längst überfällige Maßnahme, um endlich auch den „direkt betroffenen Tieren“ eine Stimme zu verleihen und plädierte unter kräftigem Beifall der Anwesenden für ein bundesweit geltendes Tierschutzverbandsklagerecht. Er sah auch noch in vielen weiteren Bereichen erheblichen Handlungsbedarf. Seine besondere Kritik galt dabei den nicht durchdachten neuen EU-Vorgaben zum Umgang mit so genannten Neozoen. So gelten bspw. Schmuckschildkröten jetzt als invasiv und dürfen künftig nicht mehr gehandelt, gehalten, gezüchtet oder freigelassen werden. Doch was tun mit den inzwischen vorhandenen Tieren – und vor allem wie soll es weiter gehen, wenn auch Tierheime die Tiere, die jetzt vermehrt abgegeben werden, nicht vermitteln dürfen bzw. wegen der hohen Auflagen auch keine Abnehmer mehr finden? Eine Tötung ist nach deutschem Tierschutzrecht nicht erlaubt – und sollte es je zu solchen Bestrebungen durch die Politik kommen, könne man sich jetzt schon auf den massiven Protest und Widerstand der Tierschützer einstellen.

Statt solcher unbedachter Vorgaben wäre es viel sinnvoller endlich eine Positivliste über in Privathaltungen zulässige Tierarten aufzustellen und vor allem endlich ein bundesweites Börsenverbot umzusetzen, so der Tierschutzpräsident. Die früher als Tauschbörsen für Hobbynachzuchten initiierten Veranstaltungen sind längst schon zentrale Handels- und Umschlagplätze für exotische Tierarten – geschützte und nicht geschützte – aus aller Welt.

Ebenso kritisch ging Schröder mit der immer noch gängigen Nutztierhaltung ins Gericht. Hochleistungszuchten erzeugen nachweislich erhebliche Leiden und Schäden bspw. bei Puten und Milchkühen. Hochträchtige Kühe wandern zur Schlachtung, Kälber haben keinen Wert, ihre Aufzucht ist zu teuer : Überall werden wirtschaftliche Entscheidungen zulasten des Tierwohls gefällt. Wirtschaftliche Zwänge sind aber keine nach TierSchG akzeptablen „vernünftigen Gründe“ Tierleid zu akzeptieren.

Die bisherigen Kastenstände von Sauen sind inzwischen vom OVG Sachsen-Anhalt letztinstanzlich – vergleichbar mit den Käfigen von Legehennen – für zu eng und somit unzulässig eingestuft worden. Es könne aber doch nicht sein, dass die Landesminister jetzt ernsthaft erwögen eine 20-jährige Übergangsfrist für bestehende tierschutzwidrige Kastentstände zu bewillligen, folgerte Schröder.

Erklärtes Ziel müsse sattdessen ein stufenweiser Ausstiegsplan sein, der zügig – und mit staatlichen Fördergeldern gestützt – das Ende der Kastenstandhaltung für Sauen und Ferkel einläutet.

Zum Abschluss seiner mitreißenden und vom Publikum mit viel Applaus befeuerten Rede gab der Präsident des DTSchB dann noch bekannt, dass der Bundesverband als besonderes Gastgeschenk die Bemühungen des Landesverbandes im Bereich Katzenkastrationen auch dieses Jahr mit zusätzlichen 10 000 Euro fördern wird.

 

Über den Deutschen Tierschutzbund, Landesverband Baden-Württemberg e.V.

Der Landestierschutzverband Baden-Württemberg ist der Landesverband des Deutschen Tierschutzbundes und bildet den „Dachverband“ von über 100 Tierschutzvereinen in Baden-Württemberg. Unsere Aufgabe ist es unter anderem, mithilfe von Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnen, der Mitarbeit in Gremien und einem umfassenden Informations- und Beratungsservice für unsere Mitglieder einerseits und die breite Öffentlichkeit andererseits, den Tieren eine Stimme zu geben. Jedes Mitgeschöpf hat Anspruch auf Unversehrtheit und ein artgerechtes Leben. Wir wollen, dass dieser Anspruch für alle Tiere verwirklicht wird – in der Landwirtschaft, der Forschung, im Privathaushalt und wo immer der Mensch mit Tieren Umgang hat.

 

 

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