Seit vielen Jahren schon gehe ich in meiner Freizeit mit Tierheimhunden spazieren; früher meine Tochter Lucia im Kinderwagen schiebend, heute da sie groß ist, jeden Tag nach der Arbeit.
Ja, es macht Spaß, den Hunden aus dem Tierheim den Alltag mit einem Spaziergang zu versüßen, ihre leuchtenden Augen zu sehen, wenn sie aus dem Zwinger geholt werden.
Ich setze Prioritäten : Diese 3 Stunden am Nachmittag sind mir so wichtig geworden, dass Haus- und Gartenarbeit warten müssen und Termine auf abends gelegt werden. Mit der Zeit habe ich alle Hunde kennen gelernt und weiß genau, dass Mike, Aska, Benny und wie sie alle heißen, sehnsüchtig auf ihren Ausflug warten.
Ganz ehrlich: Bei schlechtem Wetter – minus 10 C im Winter oder Dauerregen – ist mir auch eher nach einer Tasse Tee und Kuscheldecke zumute. Dann sehe ich aber im Geiste die Gesichter der wartenden Hunde vor mir, und raffe mich auf, mit dicker und matschfester Kleidung bewaffnet, meine geliebten Wauzis zu besuchen……
Und ich werde dafür belohnt…. und wie………
Die Freude und die Dankbarkeit dieser Tiere wiegen alle Unbequemlichkeiten um ein Vielfaches auf.
Ob es Freddy ist, der dicke, große Sennenmix, der vor lauter Freude am Anfang lautstark vor sich hinkläfft: „ Jippieh !!! Schaut alle her, ich darf raus!!!“ oder ob es eher ein leiser, schüchterner Hund wie z. B. Rufus ist, der im Leben noch nicht viel Schönes erlebt hat und durch die Ausflüge nun eine andere liebevollere Welt kennen lernt.
Bei Mike , einem wunderschönen großen Labrador kommt es mir vor, als hätte ich ein Pulverfässchen an der Leine, so viel Energie will da raus. Die Freude über Wiesen zu springen, große Laubhaufen durchzupflügen , in der Elz zu plantschen ist grenzenlos.
Hugo, der Freundliche hingegen, hatte zu seiner Anfangszeit vor allem und jedem Angst. Ich musste ihn sogar über die Elzbrücke hinübertragen, was größentechnisch eben noch so machbar war, denn er fürchtete sich. Heute ist er der Liebling aller Gassigeher, ein echter Anfängerhund: liebenswürdig, verträglich, verschmust und unkompliziert und …………… mutig: wie ein Held überquert er ganz cool die Elzbrücke
Der hübsche fuchsrote Toby, für den sich niemand zu interessieren scheint ( warum?) hat bei den ersten Spaziergängen die Nase nur am Boden und interessiert sich nicht für das andere Ende der Leine. Es sei denn, das andere Ende hat Leckerlies dabei !!!!
Leute fürchten sich oft vor Tierheimhunden, weil die alle – so der Volksmund- einen „Schaden „ haben. Das kann ich nun wirklich widerlegen :
Na ja, jeder Hund hat eben einen anderen Charakter. Diesen auszukundschaften und kennen zu lernen, die ( Körper-)Sprache und Signale der Hunde zu beobachten und zu BEACHTEN (!!!) ist immer sehr spannend.
Viele potentielle Gassigeher scheuen sich vor einem Besuch im Tierheim, weil sie fürchten, sich in einen Hund zu verlieben, den sie jedoch nicht halten können/ dürfen oder haben Angst den Hund durch eine Vermittlung zu verlieren. Aber durch das rollierende System ( jeder Hund kommt so abwechselnd raus) lernt man viele vierbeinige Schwanzwedler kennen und die Zuneigung verteilt sich so auf ganz viele Pfoten.
Kommt es zu einer Vermittlung, freue ich mich immer riesig für das Tier, denn meist hat es von hier an ein schöneres Leben vor sich, als es jemals kennen lernen durfte.
Der freigewordene Platz lässt leider nie lange mit Nachschub auf sich warten. Zu viele herrenlose und unerwünschte Tiere gibt es, die im Tierheim eine (hoffentlich) vorübergehende Bleibe finden. Mir ist aus diesem Grund auch vollkommen unverständlich, warum sich viele Leute an spezifischen Rassemerkmalen festklammern und einen Hund vom Züchter holen.
Die Tierheimhunde haben ausnahmslos alle einen guten Platz mit Kuscheldecke und Schmuseeinheiten verdient, auch wenn sie nicht immer ( den manchmal doch eher verschrobenen) Züchterkriterien entsprechen.
Schönheit liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters, obwohl- soviel ist sicher-
hier wirklich viele Topmodels— äh—Dogmodels hinter Gittern sitzen und sich über neue Gassisgeher freuen würden. Kommen Sie doch mal mit!
Evelin Esser